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23 juin 2025

Eigenmietwert in der Schweiz: Was ist er – und warum soll er abgeschafft werden?

Der Eigenmietwert ist eines der am meisten diskutierten Instrumente des Schweizer Steuersystems. Dabei handelt es sich um ein fiktives Einkommen, das Eigentümer versteuern müssen, wenn sie in ihrer eigenen Immobilie wohnen. Nach über 100 Jahren Praxis steht dieses System nun vor dem Umbruch: National- und Ständerat haben sich Ende 2024 auf eine Abschaffung geeinigt – doch noch steht eine entscheidende Volksabstimmung aus.

Was ist der Eigenmietwert?

Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Immobilienbesitzer versteuern müssen, wenn sie ihr Haus oder ihre Wohnung selbst bewohnen. Die Logik dahinter: Wer in der eigenen Immobilie wohnt, spart sich die Mietkosten.

Eines der Ziele des Eigenmietwerts ist es, eine Gleichbehandlung zwischen Eigentümern und Mietern herzustellen. Während Mieter ihre Wohnkosten aus versteuertem Einkommen bestreiten, profitieren Eigentümer zusätzlich von Steuerabzügen für Hypothekarzinsen und Unterhalt – und sollen dafür mit dem Eigenmietwert einen Ausgleich leisten. 

Dieser Vorteil wird besteuert, als wenn es sich um ein Einkommen handeln würde. Steuerrechtlich zählt der Eigenmietwert somit zu den sogenannten Naturaleinkommen: Es wird ein Nutzen generiert, der einem Einkommen gleichwertig ist. In der Praxis wird dafür ein geschätzter Mietwert ermittelt – meist basierend auf der Marktmiete vergleichbarer Immobilien – und dieser als Einkommen der Einkommenssteuer unterworfen.

Wer muss den Eigenmietwert versteuern?

  • Hauptwohnsitze: Wer in seiner eigenen Immobilie lebt, muss den Eigenmietwert versteuern. 
  • Zweitwohnungen und Ferienhäuser: Auch nicht dauernd genutzte Immobilien gelten als „selbstgenutzt“, sofern sie zur Verfügung stehen. Der Eigenmietwert ist anteilsmässig zu versteuern, wenn das Objekt teilweise vermietet wird.
  • Vermietete Immobilien: Wird eine Liegenschaft ganzjährig vermietet, entfällt die Eigenmietwertbesteuerung. Stattdessen werden die Mieteinnahmen als Einkommen versteuert.

Wie wird der Eigenmietwert in der Schweiz berechnet?

Die Höhe des Eigenmietwerts orientiert sich grundsätzlich an den Marktmieten vergleichbarer Objekte. Laut Bundesgericht darf der Wert nicht unter 60 % der Marktmiete liegen. Die konkrete Umsetzung variiert jedoch stark von Kanton zu Kanton:

Kanton

Berechnungsmethode

Zürich

Prozentualer Ansatz auf Vermögenssteuerwert

Aargau

Basierend auf Bewertung durch kantonale Schätzungsexperten

Luzern

Marktvergleich

Thurgau

Schätzung alle 15 Jahre, Anpassung des Index jedes Jahr

St. Gallen

Amtliche Grundstückschätzung alle 10 Jahre

Zug

3 Prozent des steuerlichen Verkehrswerts

Warum wurde der Eigenmietwert eingeführt?

Die Wurzeln des Eigenmietwerts reichen bis ins Jahr 1915 zurück. Ursprünglich als Kriegssteuer erfunden, wurde er 1934 erneut zur Stabilisierung des Bundeshaushalts eingeführt. Obwohl nur als temporäre Massnahme gedacht, wurde der Eigenmietwert 1958 per Volksabstimmung ins ordentliche Recht übernommen. Seitdem ist er ein fester Bestandteil der Wohneigentumsbesteuerung in der Schweiz.

Warum ist der Eigenmietwert umstritten?

1. Ungleichbehandlung von Eigentümern

Viele Eigentümer empfinden es als ungerecht, ein fiktives Einkommen versteuern zu müssen. 

2. Anreiz zur Verschuldung

Das System begünstigt Eigentümer, die möglichst viel fremdfinanzieren: Schuldzinsen können steuerlich abgezogen werden, der Eigenmietwert bleibt jedoch unabhängig von der Restschuld gleich hoch. Das macht es finanziell vorteilhaft, die Hypothek nicht freiwillig zu amortisieren.

3. Verlust von Steuereinnahmen bei Abschaffung

Gegner einer Abschaffung argumentieren, dass die Eigenmietwertbesteuerung eine wichtige Einnahmequelle für Bund und Kantone darstellt – insbesondere in Regionen mit vielen Zweitwohnungen wie Graubünden oder dem Wallis.

Abschaffung des Eigenmietwerts: Was ist geplant?

Beschluss von National- und Ständerat (Dezember 2024)

Nach jahrelanger Diskussion haben sich die beiden Kammern auf folgende Eckpunkte geeinigt:

  • Abschaffung des Eigenmietwerts für sämtliche Immobilien
  • Streichung der Unterhaltsabzüge
  • Schuldzinsabzüge neu nur noch in begrenzter Höhe und für Ersterwerber
  • Einführung einer kantonalen Objektsteuer auf Zweitliegenschaften
  • Verfassungsänderung erforderlich: Die ganze Vorlage kommt nur zustande, wenn das Volk der Einführung der Objektsteuer auf Zweitliegenschaften zustimmt.

Wann tritt die Abschaffung in Kraft?

Noch ist nichts beschlossen: Zwar liegt ein politischer Konsens vor, doch die zwingend notwendige Volksabstimmung steht erst am 28. September 2025 aus. Erst wenn diese angenommen wird, kann die Reform in Kraft treten. 

Auch nach einer Annahme der Volksabstimmung ist mit mindestens 2 Jahren Übergangszeit zu rechnen, bis die neue Regelung in Kraft treten würde. 

Wer profitiert von der Abschaffung des Eigenmietwerts?

Besonders profitieren würden Eigentümer, die viel Eigenmittel in ihrer Immobilie haben und daher kaum Schuldzinsen mehr abziehen können. Für sie bedeutet der Eigenmietwert heute eine steuerliche Belastung ohne Gegenwert. 

Die Verlierer wären unter anderem die Eigentümer älterer Liegenschaften mit hohen Sanierungskosten. Bisher konnten Eigentümer Unterhaltsarbeiten steuerlich abziehen – entweder effektiv oder pauschal. Diese Möglichkeit soll im neuen System wegfallen. 

Wichtige Punkte

  • Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Eigentümer in der Schweiz versteuern müssen, wenn sie ihre Immobilie selbst bewohnen.
  • Nach über 100 Jahren Besteuerung haben National- und Ständerat Ende 2024 die Abschaffung des Eigenmietwerts für selbstgenutzte Immobilien beschlossen – vorbehaltlich einer Volksabstimmung am 28.09.2025.
  • Die Reform würde insbesondere Eigentümern mit wenig Hypothekarschulden steuerlich zugutekommen.

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